Veranstaltung: | Landesparteirat 2. September 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 2. FAMILIE - GESUNDHEIT - SOZIALES |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesparteirat |
Basierend auf: | F07: Mehr Sprachbarrierefreiheit für gehörlose und schwerhörige Gebärdensprachnutzer in Krankenhäusern |
Mehr Sprachbarrierefreiheit für gehörlose und schwerhörige Gebärdensprachnutzer in Krankenhäusern
Beschlusstext
Der Landesparteitag der SPD Sachsen möge beschließen und an die SPD Fraktion im
sächsichen Landtag weiterleiten:
Wir fordern mehr Einsatz für den Bereitschaftsdienst der
Gebärdensprachdolmetscher*innen in öffentlichen Krankenhäusern. Eine sofortige
Maßnahme können nach dem US-amerikanischen Vorbild Ferndolmetscher*innen sein,
die auf Bildschirmen dolmetschen. Diese technische Ausstattung muss in jedem
öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung stehen. Eine weitere Möglichkeit besteht
darin, für einfache Gespräche auf der Station (z.B. kurze Gespräche zwischen dem
Pflegepersonal und den Gehörlosen) spezielle Apps zu verwenden. Es gibt bereits
entsprechende Apps, die jedoch kostenpflichtig sind. Das darf nicht sein - sie
müssen kostenlos zur Verfügung gestellt werden und Weiterentwicklungen der Apps
müssen staatlich finanziert werden. Diese Maßnahmen können das Leben sehr vieler
Menschen retten: In Deutschland leben über 80.000 Gehörlose sowie eine noch
größere Anzahl an Schwerhörigen, die auf Gebärdensprache angewiesen sind. Wenn
die Kommunikation gesichert ist, schafft das ein Gefühl von Sicherheit und
Wohlbefinden - eine wichtige Grundlage, sich im Krankenhaus ausreichend zu
erholen. Nicht nur für den*die Patient*in ist es leichter, wenn die
Kommunikation reibungslos funktioniert - auch für Ärzte/Ärztinnen oder
Krankenschwestern/-pfleger*innen bedeutet das weniger Stress.
Vor ähnlichen Problemen stehen in Deutschland auch Nicht-Muttersprachler*innen.
Es gibt für sie aktuell zahlreiche Projekte und Initiativen, die jedoch bei
weitem nicht ausreichend sind, um die sprachlichen Hürden insbesondere auch in
der medizinischen Versorgung hinreichend weit zu senken, um einen vertrauten
Umgang zur Regel zu machen. Daher ist zu prüfen, inwiefern die Strukturen, die
für Gehörlose aufgebaut werden sollen analog auch ihnen zu Gute kommen können.
Begründung
Im Krankenhaus sind die wichtigsten Momente des Lebens jedes Menschen. Dort muss
die Kommunikation immer reibungslos laufen: Informationen über Krankheiten und
Operationen müssen zu 100% verstanden werden und auch während der stationären
Aufnahme muss die Kommunikation barrierefrei sein. Genauso in der Notaufnahme:
Was passiert, wenn ein Gehörloser im Sekundentakt nichts versteht und deshalb
falsche Antworten liefert? Diese kommunikative Barriere kann großen Schaden
anrichten bzw. schwerwiegende Folgen haben!
Eine mögliche Umsetzungsstrategie wäre ein Bereitschaftsdienst für
GebärdensprachdolmeterInnen in Teilzeit für jeden Landkreis. Wenn beispielsweise
ein Landkreis fünf Krankenhäuser in seinem Umfeld hat, könnten für diese
mindestens zwei GebärdensprachdolmetscherInnen in Teilzeit zur Verfügung stehen.
Die zwei DolmetscherInnen werden über den ganzen Tag aufgeteilt, jeder bekommt
einen Pieper. So dass Sie auch unterwegs sein dürfen. Die Wahrscheinlichkeit,
dass an einem Tag so viele Gehörlose gleichzeitig im Krankenhaus eingewiesen
werden, ist gering, daher sollte diese Maßnahme ausreichen.
Ein Problem hierbei dürfte sein, dass in Deutschland Dolmetschermangel herrscht.
Um diesem entgegenzutreten, wäre es möglich, dass Ferndolmetscher mit
Videoübertagung zum Einsatz kommen, wie nach neuseeländischem und amerikanischem
Vorbild. So kann eine reibungslose Kommunikation gewährleistet werden. Denn wenn
sich ein Patient im Krankenhaus aufhält, sollte immer entweder ein/e
DolmetscherIn oder FerndolmetscherIn zur Verfügung stehen. Etwa für
Arztbesprechungen, Untersuchungen oder Visiten.
Amerikanisches Vorbild: https://www.nad.org/resources/technology/video-remote-
interpreting/ Unter dieser Quelle werden bereits auch für viele andere Zwecke
wie Videoferndolmetscher als Zwischenlösung angewendet, wenn keine
GebärdensprachdolmetscherInnen persönlich zu einem Termin angemeldet werden
können. Hier werden auch Arztpraxen sowie Krankenhäuser erwähnt. Weitere Quellen
aus den USA: https://www.languageline.com/interpreting/on-demand/video-remote
Nach der languageline-Quelle sollte eine solche technische Ausstattung möglich
sein für alle öffentlichen Krankenhäuser. Der Staat müsse uns hierzu eine
Möglichkeit zur Umsetzung geben.
Zu einer anderen Perspektive, nämlich die von ausländischen
SprachdolmetscherInnen für Ämter:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/107127/Grosses-Interesse-an-
Videodolmetscher-in-Thueringen. Auch im medizinischen Bereich sollte
Barrierefreiheit auch für die Gehörlosen und Schwerhörigen ermöglicht werden!
Auf Grundlage der Gesetze im GG darf sich kein Nachteil ergeben:
https://www.behindertenrechtskonvention.info/gesundheitssorge-3910/
Das Gesetz über US-Amerikaner mit Behinderungen schreibt vor, dass
Krankenhäuser, die Bundesmittel erhalten, gehörlosen Patienten helfen, eine
effektive Kommunikation sicherzustellen.
https://www.statnews.com/2017/05/22/deaf-patients-interpreters/ Das ist ein
Extremfall vom Videodolmetschen, daher sollte es nicht die einzige Lösung sein.
Es muss zusätzlich einen Bereitschaftsdienst für jedes Krankenhaus zur Verfügung
stehen. Sowohl für Notaufnahmen, als auch für Patienten, die sich im Krankenhaus
aufhalten. Daher ist das Videodolmetschen eine Zwischenlösung. Hierfür müssen
ein Internetzugang mit bester Qualität sowie ein/e TechnikerIn, der/die
Videoübertragungsgeräte einrichten kann.
https://www.justdigit.org/are-doctors-or-hospitals-required-to-provide-live-
interpreters-for-deaf-patients/ Dort wird beschrieben, wie die Regelungen für
eine VRI aussehen sollten -> Ein kurzer Austausch von medizinischen
Informationen wie bei Arztvisiten oder schnelle Fragen oder andere ruhige,
unkomplizierte Einzelgespräche sollen gedolmetscht werden. Auch hier wird
erwähnt, dass die Videoübersetzung nur eine Zwischenlösung ist, wenn kein/e
DolmetscherIn kurzfristig vor Ort eingesetzt werden kann.