Veranstaltung: | Landesparteitag der SPD Sachsen 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 8.3. Familie - Gesundheit - Soziales |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Mehrheitlich angenommen. |
Beschluss durch: | Landesparteitag |
Basierend auf: | F04NEU: Ein neuer Sozialstaat – solidarisch finanziert |
Ein neuer Sozialstaat – solidarisch finanziert
Beschlusstext
Die Geschichte der Sozialpolitik der BRD ist vor allem geprägt gewesen von dem
Versuch, eine angemessene Balance zu finden zwischen den Wortbestandteilen des
Versprechens der „sozialen Marktwirtschaft“. Es hat in den vergangenen zwanzig
Jahren zahlreiche politische Entscheidungen gegeben, die den Schwerpunkt auf das
Wort „Marktwirtschaft“ verschoben haben. Dazu gehören auch Entscheidungen der
SPD, die wir aus heutiger Sicht als Fehler bezeichnen würden. Mit dem
Sozialstaatspapier „Arbeit – Solidarität – Menschlichkeit: Ein neuer Sozialstaat
für eine neue Zeit“, das der ordentliche Bundesparteitag der SPD am 6. Dezember
beschlossen hat, haben wir starke Ideen und Konzepte vorgelegt, wie die Balance
zwischen „sozial“ und „Marktwirtschaft“ wiederhergestellt werden kann und das
zentrale Versprechen der sozialen Gemeinschaft, dasjenige der Solidarität der
Starken mit denen in schwierigen Lagen, erneuert werden kann. Zu den
beschlossenen Maßnahmen bekennen wir uns mit Nachdruck, insbesondere zur
Abschaffung des bisherigen Zwei-Klassen-Systems der Kranken- wie der
Pflegeversicherung sowie der vielschichtigen Alterssicherung in ihrer jetzigen
Form bspw. Pensionen für Beamt*innen und berufsständische Vorsorgewerke und
deren Ersetzung durch eine einheitliche und allgemein verbindliche
Bürger*innenversicherung, die gemeinsam das Solidaritätsversprechen des
Sozialstaats gegenüber allen Generationen verkörpern. In den zu ändernden
Regelungen sind Abgeordnete der Landtage und des Bundestages explizit
einzubeziehen.
Ein solidarischer Sozialstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er den
Strauchelnden unter die Arme greift und auf die Beine hilft, und dass sich alle
Mitbürger*innen im vollen ihnen möglichen Umfang daran beteiligen, diese
Unterstützung zu gewährleisten. Das Prinzip der Beitragsbemessungsgrenze, wie
sie in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung existiert,
widerspricht jedoch dem zweiten Teil dieses Gedankens. Daher werden wir im Zuge
der Reform des Sozialstaats und der Einführung der Bürger*innenversicherung als
einheitlicher, allgemein verbindlicher Kranken- und Pflegeversicherung die
Beitragsbemessungsgrenzen in beiden Versicherungssystemen abschaffen.
Damit der Renten- und Krankengeld-Anspruch von Menschen mit hohen Einkommen
nicht ins Unermessliche steigt, sprechen wir uns für eine Anpassung der
Berechnung aus, die nur noch degressive Steigerungen der Ansprüche vorsieht und
eine Umverteilung zugunsten von Menschen mit geringen Einkommen ermöglicht. Der
notwendige Zusammenhang zwischen eingezahlten Beiträgen und Leistungen bleibt
trotzdem erhalten.
Der zu leistende Beitrag in der Kranken-, der Pflege wie der Rentenversicherung
soll sich künftig aus allen persönlichen Einkünften nach demselben Prinzip
berechnen. Dazu gehören insbesondere auch Einkünfte aus (nebenberuflich)
selbstständiger Tätigkeit sowie Kapitalerträge.