| Veranstaltung: | Landesparteitag der SPD Sachsen 2021 | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8.7. Inneres - Kommunales - Recht | 
| Status: | Beschluss | 
| Beschluss durch: | SPD-Landesparteitag | 
| Basierend auf: | K15: Keine Fristverlängerung im Kirchenasyl - Rücknahme der verschärften Überstellungsfrist von 18 Monate (Dublin III-Verordnung) | 
Keine Fristverlängerung im Kirchenasyl - Rücknahme der verschärften Überstellungsfrist von 18 Monate (Dublin III-Verordnung)
Beschlusstext
Der Parteitag möge beschließen:
Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Landtagsfraktionen auf 
festzustellen:
- Kirchenasyl erfolgte über Jahre in enger Abstimmung mit den Innenbehörden 
von Bund und Ländern und den Ausländerämtern. 
- Eine Fristverlängerung im Kirchenasyl ist rechtswidrig.
 
- Eine im Kirchenasyl lebende Person ist weder flüchtig noch will sie sich 
durch Untertauchen aktiv der Abschiebung entziehen. 
- Hausdurchsuchungen im Kirchenasyl engagierter Pfarrerinnen und Pfarrer 
sowie von kirchlichen Räumlichkeiten fördert nicht die bisherige Übung der
Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und dem Bundesinnenministerium
(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). 
- Die SPD stellt sich der zunehmenden „Kriminalisierung“ von Geflüchteten im 
Kirchenasyl und der beteiligten Gemeinden entgegen. 
Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Landtagsfraktionen auf, 
unverzüglich darauf hinzuwirken, dass:
- die Überstellungsfrist auf 18 Monate gemäß Dublin III-Verordnung für im 
Kirchenasyl lebende Personen zurückgenommen wird. 
- das Bundesinnenministerium (BAMF), die Landesinnenministerien und die 
Ausländerämter zur ursprünglichen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den
Kirchen im Rahmen der gemeinsam erarbeiteten Vereinbarung zurückkehren. 
Begründung
Mit Stand 09.04.2019 sind in Deutschland 425 aktive Kirchenasylen mit mindestens 
688 Personen, davon etwa 146 Kinder bekannt. 376 der Kirchenasyle sind 
sogenannte Dublin Fälle.
Seit August 2018 ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch 
einen Beschluss der Innenministerkonferenz dazu übergegangen, in nahezu 95% 
aller Kirchenasyle die Fristen für Abschiebungen von sechs auf 18 Monate zu 
verlängern. Hintergrund ist, dass entsprechend der Dublin-III-Verordnung eine 
Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert wird, wenn eine Person flüchtig ist 
und sich durch Untertauchen aktiv der Abschiebung entzieht. Dabei wird der 
Aufenthalt eines Asylsuchenden im Kirchenasyl dem BAMF und den Ausländerbehörden 
gemäß einer von allen Seiten festgelegten Vereinbarung unverzüglich über die 
engagierten Kirchengemeinden bekannt gegeben. Von einem Untertauchen kann daher 
nicht die Rede sein.
Die neue Rechtspraxis führt bei den Kirchen und vielen Gemeinden zu erheblicher 
Unsicherheit. Hinzu tritt die Frage, inwieweit ein 18 monatiger Aufenthalt im 
Kirchenasyl, ohne Sprachkurse, ohne die Möglichkeit der Fort- und Weiterbildung, 
des Schulbesuchs der Kinder, ein Leben auf engem Raum den Geflüchteten psychisch 
wie physisch Schaden zufügt; aber auch, wie die Finanzierung durch die 
Gemeindemitglieder über einen so langen Zeitraum gesichert werden kann.
Mehrere Gerichtsentscheidungen in den Jahren 2018 und 2019, so auch drei 
Beschlüsse der Verwaltungsgerichte (VG) von Aachen, Trier und Düsseldorf stellen 
das Einstufen von Menschen im Kirchenasyl als „untergetaucht“ fundamental in 
Frage. Das VG Düsseldorf (Beschluss vom 21.01.2019 - 12 L 176/19.A) 
unterstreicht in seiner Begründung: „Zwar wird das Kirchenasyl in der Regel – 
und so auch hier – gewählt, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Dies ändert 
jedoch nichts daran, dass die Person im Kirchenasyl nicht flüchtig war, da dem 
Bundesamt und auch der zuständigen Ausländerbehörde der Aufenthaltsort im 
Kirchenasyl bekannt war.“ Diese Gerichtsentscheidung vom 21. Januar 2019 richtet 
sich eindeutig gegen den Beschluss der Innenministerkonferenz vom Juni 2018, der 
dem BAMF die Möglichkeit zur Fristverlängerung gegeben hatte.
Kirchenasyl dient dazu, Menschen vor inhumanen Härten zu schützen.
Die evangelische Kirche ((https://www.evangelisch.de) hat die von den 
Innenministern beschlossenen Verschärfungen beim Kirchenasyl scharf kritisiert. 
Rechtliche Bedenken äußerte der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in 
Deutschland (EKD) in Berlin, Martin Dutzmann, weil sich der Beschluss auf einen 
Passus in der Dublin-III-Verordnung beziehe, in dem es um eine Erhöhung der 
Überstellungsfrist für flüchtige Menschen geht. "Nach unserer Auffassung sind 
Menschen im Kirchenasyl keineswegs flüchtig: Wir informieren die Behörden 
unverzüglich, wo sich die Betroffenen aufhalten", sagte er. Die EKD werde ihre 
Gemeinden weiterhin im Kirchenasyl unterstützen.
Am 14.11.2018 hatte sich die Synode der EKD auf ihrer laufenden Tagung in 
Würzburg gleichfalls zur Kirchenasylpraxis geäußert (Beschluss der Synode). Sie 
bat den Rat der EKD, Gespräche mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) und 
mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Ziel zu führen, 
zukünftig wieder im Sinne der ursprünglichen Absprache zu verfahren. Darüber 
hinaus solle gegenüber den zuständigen Stellen deutlich darauf hingewiesen 
werden, dass die EKD die Verlängerung der Überstellungsfrist für Schutzsuchende 
im Kirchenasyl, deren Aufenthaltsort bekannt ist, auf 18 Monate für rechtswidrig 
hält.
Der Arbeitskreis Christinnen und Christen der SPD Leipzig unterstützt die 
Forderungen der EKD und gleichlautenden Apelle der katholischen Kirche. Aus 
humanitärer und menschenrechtlicher, christlicher Verantwortung ist die jetzige 
Handhabung des Kirchenasyls – und damit eine Kriminalisierung der Betroffenen, 
der Pfarrerinnen und Pfarrer wie der beteiligten Gemeindemitglieder - abzulehnen 
und aus der Geschichte der Sozialdemokratie unverständlich.
