Veranstaltung: | Landesparteitag der SPD Sachsen 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 8.10. Initiativanträge |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Mehrheitlich angenommen. |
Beschluss durch: | Landesparteitag |
Basierend auf: | INI05: Sachsen braucht Aufenthaltsbehörden – Haltung für Integration und Menschenwürde |
Sachsen braucht Aufenthaltsbehörden – Haltung für Integration und Menschenwürde
Beschlusstext
Der Landesparteitag der sächsischen SPD möge beschließen:
Die Abschiebepraxis der sächsischen Behörden steht in eklatantem Widerspruch zu
den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zwischen CDU, Grünen und SPD. Dort
wurde vereinbart,
- „dass gut integrierte Asylbewerberinnen und -bewerber, Geflüchtete und
Geduldete entsprechend der bundesrechtlichen Reglungen die Chance auf
einen Spurwechsel und ein Bleiberecht in Deutschland erhalten, wenn sie
den Lebensunterhalt für sich selbst und ihre Familie verdienen und
ausreichend Deutsch sprechen können“ (S. 72) und
- „dass Abschiebungen durch Behörden des Freistaates Sachsen für die
Betroffenen so human wie möglich und unter besonderer Berücksichtigung des
Kindeswohls gestaltet werden“ (S. 73).
In den Jahren 2020 und 2021 wurden viele Fälle bekannt und auch öffentlich
dokumentiert, die diesen Vereinbarungen ganz klar entgegenlaufen. Adelina Ajeti
aus Leipzig, Faisal Jahangir aus Meißen, Carolina Roraima Cuare aus Bautzen, die
Familien Imerlishvili aus Pirna und Pareulidze-Gardasvili aus Meißen oder Ali
Sufyan aus Dresden und andere mehr. Sie alle waren in Sachsen gut integriert,
waren in Ausbildung oder in festen Anstellungsverhältnissen, hatten Kinder, die
hier geboren worden sind und erfolgreich die Schule besuchten, viele erwarben
zertifizierte Deutsch-Kenntnisse und hatten Freundinnen und Freunde,
Arbeitskollegen, Chefinnen und Bekannte, die sich für sie einsetzten. Oft
vergebens.
Für die sächsische SPD ist „die Wahrung der Menschenwürde der wesentliche
Maßstab für die humane und rechtsstaatliche Gestaltung des bestehenden Asyl- und
Aufenthaltsrechts sowie des Vollzugs von Ausreisepflichten“. Zu dieser
Vereinbarung im Koalitionsvertrag stehen wir.
Wir erwarten, dass dieser Maßstab das Handeln der sächsischen Behörden und
insbesondere auch des Sächsischen Staatsministeriums des Innern bestimmt.
Wir erwarten, dass die zuständigen Behörden ihre Ermessensspielräume konsequent
nutzen, um gut integrierten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern den dauerhaften
Aufenthalt in Sachsen und den Spurwechsel hinein ins Bleibe- und
Staatsbürgerrecht zu ermöglichen. Sachsen braucht Aufenthaltsbehörden und keine
Abschiebebehörden.
Menschen, die sich in Sachsen gut integriert haben, die als Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer Steuern entrichten, die in Ausbildung befindlich zur
Bewältigung des Fachkräftemangels beitragen, deren Kinder häufig hier geboren
sind und in sächsischen Kitas und Schulen Bildungserfolge erzielen, und die sich
oft ehrenamtlich für unsere Gesellschaft engagieren, gehören in unser Land.
Solchen Menschen die Chance auf ein geordnetes und integriertes Leben in Sachsen
zu verwehren, schadet dem Gemeinwohl, dem Zusammenhalt und dem Vertrauen in
einen demokratischen Rechtsstaat unseres Landes zutiefst.
Wir danken allen, die sich für das Bleiberecht und die menschenwürdige
Behandlung gut integrierter Familien einsetzen – von den Kirchen,
Flüchtlingsinitiativen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren über
Lehrkräfte und Schulleitungen bis hin zu Unternehmen und Kammern. Wir fordern
die SPD-Landtagsfraktion auf, ihren Einsatz für eine menschenwürdige Asylpolitik
und die Umsetzung des Koalitionsvertrages fortzusetzen.
Und wir erwarten namentlich vom Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen und
Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union Sachsen, dass er eine klare
Haltung zugunsten gut integrierter, fleißig arbeitender und redlich lebender
Menschen einnimmt, diese mit Konsequenz vertritt und das Handeln der
Staatsregierung sowie der sächsischen Behörden daran ausrichtet.