Veranstaltung: | Landesparteitag der SPD Sachsen 2021 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 8.6. Gleichstellung - Diversität - Integration |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Einstimmig angenommen. |
Beschluss durch: | Landesparteitag |
Basierend auf: | G15: Schaffung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle für den öffentlichen Dienst in Sachsen |
Schaffung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle für den öffentlichen Dienst in Sachsen
Beschlusstext
Die Fraktion und sozialdemokratischen Minister*innen setzen sich für die
Schaffung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle für den öffentlichen
Dienst in Sachsen ein. Diese muss mit im folgendem aufgeführtem Konzept, für die
Betroffenen leicht zugänglich sein und schnelle Hilfe anbieten.Im vorliegenden
Konzept werden zentrale Elemente einer zu schaffenden unabhängigen
Antidiskriminierungsstelle dargestellt. Diese stellen umfassende Grundprinzipien
und strukturelle Vorschläge dar, die im Aufbau einer solchen Stelle
Berücksichtigung finden sollen.
1. Kompetenzen, Befugnisse und Aufgaben der Stelle
Im Folgenden werden die Kompetenzen, Befugnisse und die Aufgaben der Stelle
dargestellt, die als nötig erachtet werden, um ihr Mandat angemessen ausüben zu
können.
1.1. Aufgaben der Stelle
Die unabhängige Beschwerdestelle sollte mit den folgenden Aufgaben betraut sein,
die gesetzlich eingerahmt in einer eigenen Satzung oder ministerialen
Rechtsverordnung bzw. – wo ausreichend – in einer Verwaltungsvorschrift
aufgeführt sein sollten:
- Befassung mit Beschwerden, die von Beschwerdeführer_innen an die Stelle
herangetragen oder bei gebührender Schwere auch selbstständig ermittelt werden.
- Sammlung und Sicherstellung von Beweisen und Befragung von Zeug_innen.
- Erarbeitung von Empfehlungen an die Institutionen und Politik mit dem Ziel,
die Arbeit der Institutionen beschwerdefrei zu gestalten.
- Prävention von Fehlverhalten und inadäquater Behandlung durch die
Institutionen.
- Festlegung, Überprüfung und Durchsetzung von Standards für die Arbeit in
Institutionen.
- Auswertung von Erfahrungen über Richtlinien und die Praxis.
Die unabhängige Stelle wird aktiv, wenn der Verdacht folgender Fehlverhalten
vorliegt:
1. a) Diskriminierende Beleidigung oder Behandlung durch eine_n Angehörige_n der
Institution auf Grund von Geschlecht oder Geschlechtsidentität, rassistischer
oder ethnischer Zuschreibung, Religion o. sexueller Orientierung,
Beeinträchtigung, Alter o. sozialer Herkunft, einer Kombination aus den
vorstehenden Gründen oder anderen diskriminierenden Zuschreibungen.
1. b) Verstoß der Institutionen gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit:
Sexuelle Übergriffe o Unangemessenes Verhalten, das eine Körperverletzung zur
Folge hat, Gewaltanwendung, erniedrigende und unmenschliche Behandlungen einer
Person.
1. c) Verwendung von unangemessener oder beleidigender Sprache oder
Ausdrucksweise gegen eine Person.
1. d) Sprachliche Drohungen gegen eine Person oder/und gegen ihre Familie.
1. e) Verwendung von unangemessenen Gesten gegen eine Person.
1. f) Mangelhafte oder unangemessene Arbeitsleistungen oder Dienstverweigerung
oder ungerechtfertigte Verspätungen der administrativen Prozessen oder der
gelaufenen Untersuchungen.
1.2 Beschwerdeformen
Die Stelle soll mandatiert sein, Beschwerden, die von (a) Betroffenen vorgelegt
werden, zu prüfen und zu bearbeiten. Bei allgemeinem Interesse sollte die Stelle
gleichermaßen nach eigenem Ermessen die Möglichkeit haben (b) Untersuchungen
selbst einzuleiten, auch wenn keine direkten Betroffenen vorhanden sind oder
eine Beschwerde eingereicht haben. Wenn Betroffene vorhanden sind, sollte deren
Zustimmung jedoch eingeholt werden. Außerdem kann (c) das Parlament die Stelle
beauftragen, Untersuchungen von Fehlverhalten einzuleiten.
1.3 Kompetenzbereiche der Beschwerdestelle sollte zur angemessenen Bearbeitung
von Beschwerdefällen folgende Rechte zugestanden werden:
- Das Recht auf Akteneinsicht gegenüber allen Behörden;
- Das Recht Zeug_innen zu ermitteln, vorzuladen und zu befragen;
- Das Recht auf (auch unangemeldeten) Zugang zu und Kontrolle von Räumlichkeiten
der Polizei;
- die Überwachung und Leitung von Ermittlung von Beschwerdeverfahren in
besonders schweren Fällen;
- Das Recht auf Sichtung von Tatorten in Abstimmung mit den zuständigen
- Strafverfolgungsbehörden (insofern es sich nicht um die Polizei selbst
handelt)
- Das Recht, medizinische Gutachten einzusehen;
- Das Recht auf Vorladung von Beamt_innen;
- Das Recht, gutachtliche Stellungnahmen einzufordern;
- Das Recht, gutachterliche Stellungnahmen bei gerichtlichen Verfahren gegen
Polizeibeamt_innen abzugeben.
Nach Abschluss der Ermittlungen soll die Stelle:
- Die Möglichkeit haben, Empfehlungen zur weiteren Bearbeitung der Beschwerde
abzugeben;
- Entscheidungen über Entschädigungen für die Betroffenen zu fällen;
- Allgemeine Empfehlungen an das Parlament zu richten;
- Berichte über den Ausgang von Disziplinarverfahren veröffentlichen oder die
Umsetzung disziplinarischer Auflagen einfordern können;
- Die Möglichkeit nutzen, Beschwerdeverfahren zu evaluieren.
Die Aufgaben und Befugnisse der Stelle müssen in dem der Stelle
zugrundeliegenden Gesetz verankert werden. Es obliegt dann der zuständigen
Behörde die von der Beschwerdestelle vorgeschlagenen Disziplinarmaßnahmen
umzusetzen. Die Stelle kann ihrerseits Berichte zur Umsetzung der Empfehlungen
einfordern. In Fällen von Fehlverhalten mit Todesfolge kann die Stelle die
Einbindung der Staatsanwaltschaft in ihre Ermittlung anregen oder in Fällen wo
die Staatsanwaltschaft federführend ermittelt eine Einbindung anordnen. Um
Beschwerden gegen die Institution vorzubeugen, soll die unabhängige
Beschwerdestelle durch „präventive“ Fortbildungen in den Dienststellen das
Bewusstsein für die Erfahrungen institutionellen Auftretens schärfen und den
rechtlichen Rahmen Maßnahmen im freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat
darstellen. In Fällen von allgemeiner Relevanz kann die Stelle gleichermaßen
Empfehlungen an das zuständige Parlament richten.
1.4 Wissenschaftlicher Auftrag
Die Beschwerdestelle soll Erhebungen zu relevanten Aspekten von öffentlichen
Institutionen und im Besonderen zum Verhältnis zwischen Institutionen und
Bürger_innen durchführen. Diese Untersuchungen sollen ermöglichen, die Effizienz
der Arbeit zu erfassen und Schlussfolgerungen zur Verbesserung der Arbeit im
öffentlichen Dienst ziehen. Da sich die Beschwerdestelle an einer Schnittstelle
zwischen Behörden und den Erfahrungen von Bürger_innen befindet, ist die Stelle
besonders geeignet, die öffentlichen Institutionen bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben zu beraten und die Verbesserung der Beziehungen der Behörden mit der
Bevölkerung zu unterstützen.
1.5 Umsetzung der Entscheidungen und Empfehlungen
Die Beschwerdestelle spricht – wie oben dargestellt – ausschließlich
Empfehlungen aus. Diese Befugnis soll explizit in ihrer Gesetzesgrundlage
formuliert sein. Nach der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen soll die Stelle
das Mandat innehaben zu evaluieren, ob eine adäquate Umsetzung seitens der
Institutionen abgesichert wurde. Sollten hier Probleme bei der Umsetzung
wahrgenommen werden, können diese im jährlichen Bericht aufgegriffen werden. Die
Tätigkeit der Beschwerdestelle beeinträchtigt weder die Unabhängigkeit der
Justiz noch deren Zuständigkeiten. Unabhängig von der Bearbeitung einer
Beschwerde durch die unabhängige Beschwerdestelle hat der_die
Beschwerdeführer_in die Möglichkeit, andere Rechtsmittel einzulegen. Hier kann
nach der Analyse und Empfehlung beispielsweise auch eine private Klage wegen
Beleidigung gegen eine_n Beamten_in eingereicht werden.
1.6 Weitere Aufgaben
Die zentrale Aufgabe der Bearbeitung von Beschwerden sollte mit weiteren
begleitenden Arbeiten ergänzt werden. Die Stelle sollte die Möglichkeit haben,
eigene Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen. Diese sollte Informationen zum
Beschwerdeweg, Informationsmaterial für die allgemeine Öffentlichkeit, eine
Webseite mit Hinweisen zu der Tätigkeit der Stelle, den jährlichen Berichten,
der Zugänglichkeit etc. beinhalten. Außerdem sollte die Stelle angemessene
Pressearbeit zu relevanten Vorkommnissen durchführen. Informationen zur
Beschwerdestelle sollte außerdem in allen Dienststellen ausgelegt sein und
Menschen proaktiv ausgehändigt werden. Es obliegt der unabhängigen
Beschwerdestelle, eine statistische Erfassung der Beschwerden vorzunehmen. Es
wird außerdem empfohlen, die Stelle zu mandatieren, sowohl eine kontinuierliche
qualitative Selbstevaluation durchzuführen als auch die Zusammenarbeit mit den
Behörden zu bewerten.
2. Arbeitsweise der Beschwerdestelle
Im Folgenden wird dargestellt, wie die Bearbeitung einer Beschwerde innerhalb
der unabhängigen Beschwerdestelle gehandhabt werden sollte.
2.1 Bei Einreichung einer Beschwerde
Die Einreichung einer Beschwerde sollte sowohl persönlich als auch über Telefon,
Fax, E-Mail und die Webseite der Stelle möglich sein. Für marginalisierte
Gruppen wie Adresslose sollte die Möglichkeit bestehen, Beschwerden über eine
Notarfunktion, zur Verifikation der Identität, einzureichen. In jedem Fall wird
dem_der Beschwerdeführer_in der Eingang der Beschwerde durch die
Beschwerdestelle bestätigt. Bei der persönlichen Einreichung einer Beschwerde
wird die Beschwerde durch die Beratungsabteilung entgegengenommen. Es wird
jeweils ein Vorgang angelegt. Sollte die Beschwerde nicht persönlich eingereicht
werden, wird der_die Beschwerdeführer_in zu einer Erstberatung durch die
Beratungsabteilung gebeten. Hier werden erste Beweismittel aufgenommen und der
Hergang erfasst. Die Einreichung einer Beschwerde oder Berichterstattung eines
Vorfalles wird streng vertraulich behandelt und führt für die beschwerdeführende
Person zu keinerlei dienstlichen oder persönlichen Nachteilen, sofern sich nicht
erweist, dass die Beschwerde mit böswilliger Schädigungsabsicht vorgelegt wurde.
Wenn Beschwerden von Beamt_innen selbst vorgebracht werden, muss innerhalb der
Institution sichergestellt werden, dass dies keine nachteiligen Auswirkungen auf
die Beschwerdeführer_innen hat. Die Anonymität des_der Beschwerdeführer_in wird
gewahrt. Außerdem sollte erwogen werden, dass Verbände oder Beistände
Beschwerden für die Betroffenen vorbringen können, sofern der_die Betroffene
dies wünscht und schriftlich darlegt. Diese Unterstützung soll jederzeit
widerrufen werden können. Vor, zur oder direkt nach der Beschwerdeeinreichung
muss den Beschwerdeführer_innen eine Rechtsaufklärung gewährleistet werden, die
auch den Hinweis auf den Rechtsweg enthält. Hier ist herauszustellen, dass
Beschwerden aufgrund von Diskriminierung im besonderen Maße einer
Sensibilisierung der Mitarbeitenden der Stelle bedarf. Im Rahmen der Prüfung der
Begründetheit einer Beschwerde muss sichergestellt sein, dass sowohl die
Perspektive der Betroffenen als auch eine angemessene Einschätzung
diskriminierender Sachverhalte Berücksichtigung findet.
2.2 Kategorisierung der Beschwerde
Wird eine Beschwerde vorgelegt, prüft zunächst die Beratungsabteilung der
Stelle, ob nicht eine offensichtlich unbegründete Beschwerde vorliegt. Wenn die
Beschwerde als unbegründet - im Sinne des Mandates der Stelle – eingestuft wird,
sollte trotzdem die Weiterleitung der Beschwerde an eine zuständige Instanz
gewährleistet werden. Sofern die Beschwerde begründet ist, wird die Beschwerde
in die folgenden Kategorien eingeteilt:
1. Fehlverhalten oder unangemessenes Verhalten eines_r Beamt_in
2. Beleidigung oder erniedrigendes Verhalten durch eine_n Beamt_in
3. Körperverletzung durch eine_n Beamt_in
4. Tötung in Polizeigewahrsam
5. Verweigerung des Dienstes
Der Eingang der Beschwerde wird dem_der Beschwerdeführer_in schriftlich durch
die Beratungsabteilung bestätigt.
2.3 Bearbeitung einer Beschwerde
Die kategorisierten Beschwerden werden dann der Kommission vorgelegt, die in
regelmäßigen Abständen tagt. Dort wird, soweit möglich, im Konsens entschieden,
welche konkreten Schritte unternommen werden, um die Beschwerde zu
substantiieren. Insgesamt muss die Ermittlung auf der Grundlage aller zur
Verfügung stehenden Verdachtsmomente, welche die Beschwerde belegen oder auch
gegen die vorgebrachte Beschwerde sprechen, erfolgen. Die Perspektive der
Betroffenen in Fällen von diskriminierenden Vorkommnissen ist hier besonders zu
beachten. Darauf erfolgt die Ermittlung von Zeug_innen, um vollständige Aussagen
zu erhalten. Dieser Mechanismus sollte als ‚Kummerkasten-Mandat‘ verstanden
werden. ‚Niedrigschwellige‘ Beschwerden, sollten gleichwohl bearbeitet werden,
jedoch nicht notwendigerweise in das Mandat der Stelle bzw. der Kommission
fallen. Dies würde zu einer Nutzer_innen-Freundlichkeit beitragen, da
Betroffenen nicht notwendigerweise offensichtlich wird wie die Begründetheit
einer Beschwerde einzuschätzen ist. Beamt_innen sollten befragt werden, bevor es
möglicherweise zu Absprachen mit Kolleg_innen kommen kann. Im angemessenen
Rahmen sollen alle kriminaltechnischen und medizinischen Beweise sichergestellt,
zusammengetragen und analysiert werden. Bei Beschwerdekategorie 1. und 2. werden
die jeweils beschuldigten Beamt_innen gehört. Die Beilegung durch eine
Schlichtung oder Mediation werden, wo angemessen, empfohlen. Diese wird dann
intern oder extern durchgeführt. Der (Miss-)Erfolg wird jeweils statistisch
erfasst. Bei Beschwerden der Kategorie 3. und 4. wird möglicherweise eine
intensivere Beweisaufnahme benötigt, die durch die Kommission angeordnet und
durch die Beratungsabteilung vorgenommen wird. Beweise werden von der Kommission
eingeschätzt und Zeug_innen befragt. Wo sich Beschwerdeverfahren über einige
Monate erstrecken, werden die Beschwerdeführer_innen in angemessenen Abständen
über den Fortgang der Beschwerdebearbeitung benachrichtigt. Durch die
Einbeziehung der Betroffenen in die Beschwerdebearbeitung sollen ihre
rechtmäßigen Interessen im Beschwerdeverfahren gewahrt werden. Aufgrund der in
der Kommission vorgenommenen Analyse wird dann eine Empfehlung erarbeitet, die,
soweit möglich, im Konsens gefällt werden sollte. Wo dies nicht möglich ist,
werden Minderheitenmeinungen von Kommissionsmitgliedern bei der
Verschriftlichung der Empfehlung aufgeführt. Die Empfehlung für Maßnahmen wird
dann im Namen der Kommission an die zuständige(n) Abteilung(en) der Behörden
überstellt. Eine Frist zur Berichterstattung bezüglich der Umsetzung der
Empfehlungen wird jeweils angegeben. Diese kann zwischen vier Wochen und zwölf
Monaten liegen.
2.4. Abschluss des Beschwerdeverfahrens
Nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes werden aus den folgenden
Handlungsoptionen spezifische Schritte durch die Kommission empfohlen:
- Der Fall wird nicht weiterverfolgt, wenn kein substanzieller Beschwerdegrund
erkennbar ist.
- Der Fall wird auf Wunsch des_der Beschwerdeführers_in nicht weiter verfolgt,
aber statistisch erfasst.
- Der Fall soll in einem Mediations- oder Schlichtungsverfahren bearbeitet
werden.
- Der Fall wird mit einer Empfehlung zur weiteren Bearbeitung an die zuständige
Disziplinarstelle/ weitergeleitet.
- Der Fall hat strafrechtliche Relevanz und wird an die zuständige
Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Unabhängig von der Kategorisierung der vorliegenden Beschwerde und dem
empfohlenen weiteren Vorgehen durch die Polizeibeschwerdestelle steht dem_der
Beschwerdeführer_in der Rechtsweg offen. Er_sie kann unabhängig vom Ausgang des
Beschwerdeverfahrens davon Gebrauch machen.
Schlichtung/Mediation, Täter-Opfer-Ausgleich, Vergleich
In Fällen von Beleidigungen oder ähnlich gearteten Beschwerden steht der
Kommission frei, eine Empfehlung abzugeben, den außergerichtlichen Weg zu
beschreiten. Hier kann die Beratungsabteilung der Stelle ein vermittelndes
Gespräch, eine Mediation oder einen außergerichtlichen Vergleich anbieten. Eine
Beendigung der Schlichtung ist durch jede Seite jederzeit möglich, da sie auf
Freiwilligkeit der Parteien beruht. Auch der Täter-Opfer-Ausgleich, der eine
modifizierte Form der klassischen Mediation darstellt, zielt auf die
Wiedergutmachung einer Tat durch eine erhebliche persönliche Leistung und eine
Entschädigung ab. Im Gegensatz zur Mediation ist dies ein auf Ausgleich
orientiertes Verfahren. Ein Vergleich zielt auf ein gegenseitiges Nachgeben ab
und könnte eine formale Entschuldigung oder eine Zuwendung beinhalten.
2.5. Weiterleitung an ein Gericht oder Disziplinarbehörde
In jenen Fällen, in denen die Ermittlungen der Polizeibeschwerdestelle einen
Verstoß auf strafrechtlicher oder disziplinarischer Ebene nachweisen konnten,
leitet die Stelle ihre Ermittlungsergebnisse durch Beschluss der Kommission an
die zuständige Strafverfolgungsbehörde weiter. Diese entscheidet dann, ob
Anklage erhoben wird. Hier kann es schon während und nach Abschluss der internen
Ermittlung zu einem Austausch von Material zwischen Beschwerdestelle und
Staatsanwaltschaft kommen. In gerichtlichen Verfahren außerhalb der
Beschwerdestelle sollte die Möglichkeit bestehen, die unabhängige
Beschwerdestelle zur Abgabe gutachterlicher Stellungnahmen beizuziehen.
Gesetzliche Grundlage
Der Aufbau, die Mandatierung und die Befugnisse einer unabhängigen
Beschwerdestelle müssen durch ein im jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu
erlassendes Landes- oder Bundesgesetz gewährleistet werden. Wegen des für die
Einrichtung einer entsprechenden Stelle geltenden Gesetzesvorbehalts muss die
gesetzliche Grundlage darüber hinaus die Besetzung der Leitung, die
Rechtsstellung der Einrichtung und ihres Personals, ihre Aufgaben und
Ermittlungsbefugnisse innerhalb der Verwaltungshierarchie sowie ggf. gegenüber
Gerichten oder gar Privatpersonen als auch die Sanktionierungsmöglichkeiten klar
und hinlänglich präzise festlegen.
Struktur der unabhängigen Beschwerdestelle
1. Zugänglichkeit
Um die Größe Sachsens, und seiner föderalen Struktur und die Zugänglichkeit zu
einem Beschwerdemechanismus zu berücksichtigen, sollte sich dieser aus einem
Netzwerk von Landes- und kommunalen Stellen zusammensetzen. Der strukturelle
Aufbau orientiert sich somit an der bestehenden föderalen Gliederung der
Institutionen und deren jeweiligen Rechtsrahmen. Um dabei einen weitgehend
einheitlichen Standard des Beschwerdemanagements zu gewährleisten, sollte –
entsprechend der Konferenz der Datenschutzbeauftragten – ein regelmäßiger
Austausch und Kooperation zwischen den Landesstellen und den kommunalen Stellen
gewährleistet sein. Auf Landesebene sollte sich die Zuständigkeit auf
Beschwerdefälle in Bezug auf Bedienstete der Landesessbehörden. Diese Zuordnung
ermöglicht den einfachen Zugang der Bürger_innen zu den verantwortlichen
Beschwerdestellen, da Kontakt- und Anfahrtswege somit weitgehend gering gehalten
und landesspezifisch gesichert würden. Um eine Verflechtung zwischen
Institutionen und Beschwerdestelle zu verhindern und ein unabhängiges
Ermittlungs- und Beschwerdeverfahren zu gewährleisten, sollte die unabhängige
Beschwerdestelle nicht bei den für sie zuständigen Ministerien angesiedelt
werden, sondern institutionell verselbständigt bestehen. Die Institutionen
müssten konkret betroffene Personen sowie die Allgemeinheit in geeignetem Maße
über die Rechte in Bezug auf die unabhängige Beschwerdestelle informieren.
Hierfür sollte auf Material der Öffentlichkeitsarbeit der Stelle zurückgegriffen
werden. Um die Beschwerdestelle niedrigschwellig zu gestalten, sollte auch auf
die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und für Menschen mit geringen
Deutschkenntnissen geachtet werden. Dazu müssten die Informationen in
verschiedenen Sprachen und in leichter Sprache verfügbar sein und eine
barrierefreie Webseite eingerichtet werden.
2. Aufgabenfelder
Der Aufgabenbereich der unabhängigen Beschwerdestelle sollte folgende Bereiche
umfassen:
A) Beschwerdebearbeitung
In diesem Bereich werden die Beschwerden entgegengenommen, analysiert und
beurteilt, welcher Weg zur weiteren Bearbeitung eingeschlagen werden kann.
Konkrete Empfehlungen sollen in der hierfür ernannten Kommission, die als Organ
der unabhängigen Beschwerdestelle agiert, erarbeitet werden und an die
entsprechend zuständigen Institutionen weitergeleitet werden. Gebühren werden
nicht erhoben.
B) Schlichtung und Mediation
Wenn im jeweils vorliegenden Beschwerdefall eine Schlichtung oder Mediation
zielführend erscheint, sollten geschulte Schlichter_innen und/oder
Mediator_innen sich des Falles annehmen und mit den beteiligten Parteien an der
Schlichtung/Mediation arbeiten. Diese sollte ein fester Bestandteil des
Mitarbeiterstabes der Stelle sein, die mit den Grundsätzen der Arbeit vertraut
sind.
C) Empfehlung / Sanktionierung
Scheint weder die Schlichtung oder Mediation ein probates Mittel beispielsweise
in einer groben und vorsätzlichen Regelverletzung durch eine_n Beamten_in oder
andere Mitarbeier_innen angebracht, soll die unabhängige Stelle eine konkrete
Empfehlung bzw. Sanktionierung aussprechen, die dann jedoch durch die
dienstvorgesetzte Stelle des_r beschuldigten Beamt_in vollzogen wird.
D) Beobachtung der Umsetzung der Empfehlungen
Die Stelle hat das Mandat, die jeweilige Leitung der betroffenen Institution
aufzufordern einen Bericht und Nachweise über die Umsetzung der Empfehlung zu
erbringen. Bei Missachtung kann die unabhängige Beschwerdestelle eine Beschwerde
von Amts wegen einleiten.
E) Informations-Arbeit
Die Stelle hat die Aufgabe umfassende Informationsarbeit zu leisten. Hier sollte
Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen inklusive Braille und Leichter
Sprache erstellt und in unterschiedlichsten Formaten zugänglich gemacht werden.
Die Institution sollte dieses Material an den öffentlich zugänglichen Stellen
vorrätig halten, um die Bürger_innen über ihre Beschwerderechte und den
möglichen Rechtsweg aufzuklären. Darüber hinaus soll die Struktur über ‚good
practice Beispiele‘ aufgeklärt und mit Verbesserungsempfehlungen versorgt
werden. Die Stelle soll entsprechende Schulungen für Bedienstete anbieten. Es
obliegt der Stelle, die Bevölkerung über ihre Rechte aufzuklären. Die Stelle
kann angemessene Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu ihren Tätigkeiten
durchführen. Die Identität von Beschwerdeführer_innen und verdächtigten
Beamt_innen wird zu jeder Zeit geheim gehalten.
F) Wissenschaftliche Untersuchungen
Um langfristig die Qualität der Antidiskriminierungsstelle zu befördern, soll
die Stelle Statistiken erheben, wissenschaftliche Untersuchungen durchführen
oder in Auftrag geben können. Diese werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
und fließen in die Entwicklung von Empfehlungen ein.
G) Evaluation und Verantwortlichkeit
Evaluierung ihrer Arbeit zur Sicherung der qualitativ hochwertigen Arbeit der
unabhängigen Beschwerdestelle führt diese jährlich eine Evaluierung der eigenen
Tätigkeit anhand eines Indikatorenplans durch. Erkenntnisse aus dieser
Evaluierung fließen in den Bericht an das Parlament ein.
H) Berichtswesen und statistische Erfassung
Die Stelle hat die Verpflichtung, einmal jährlich in Form eines Berichtes an das
Parlament über die Beschwerden und ihre Lösungsstrategien zu berichten. Das
Parlament nimmt die Berichte zur Kenntnis, debattiert über mögliche Konsequenzen
und macht sich die Vorschläge der Stelle ggf. zu eigen. Dieser Bericht soll der
Öffentlichkeit zugänglich sein. Im Rahmen dieses Berichtes soll außerdem eine
statistische Erfassung der eingegangenen Beschwerden nach Beschwerdekategorien
vorgelegt sowie Maßnahmen zur Bearbeitung der Beschwerde dargestellt werden.
3. Leitung der Stelle
An der Spitze der unabhängigen Beschwerdestelle sollte eine im Aufgabenfeld
erfahrene und integre Persönlichkeit stehen. Die Auswahl dieser Persönlichkeit
sollte zunächst über eine öffentliche Stellenausschreibung begonnen werden. Das
Anforderungsprofil als auch die notwendige Fachkompetenz sollte bei der
Ausschreibung detailliert formuliert werden. Aus den eingegangenen Bewerbungen
sollten die am besten geeigneten Bewerber_innen ausgewählt und zu einem
Bewerbungsgespräch vor einer dafürzuständigen, aus Mitgliedern von Legislative
und Exekutive sowie Betroffenengruppen bestehenden Auswahlkommission geladen
werden. Die besten drei Kandidat_innen aus diesem Kreis sollten dem jeweiligen
zuständigen Parlament zur Auswahl vorgeschlagen werden. Das Parlament trifft die
letztendliche Entscheidung für die Besetzung der Stelle durch Wahl. Die
ausgewählte Person wird dann von dem_der jeweiligen Minister_in oder
Regierungschef benannt und erhält ein Mandat für fünf Jahre. Eine wiederholte
Benennung sollte für weitere fünf Jahre möglich sein. Nach dieser Zeit ist eine
neue Person zu benennen. Die Leitungsperson ist dem Parlament berichtspflichtig,
agiert jedoch unabhängig und nicht weisungsgebunden. Sie ist verantwortlich für
die übergeordnete Leitung der unabhängigen Stelle und trägt, wo angemessen, die
Personalverantwortung für die Mitarbeiter_innen. Ob die Leitung der Stelle auch
den Vorsitz der Kommission innehaben soll, sollte im jeweiligen Falle geklärt
werden. Wo diese Aufgabenbereiche getrennt sind, sollte dem_der Vorsitzenden der
Kommission die stellvertretende Leitungsstelle zuerkannt werden.
4. Beschwerdekommission
Zur Bearbeitung der Beschwerden wird eine Beschwerdekommission (im Folgenden
Kommission) berufen:
a) Die Kommission setzt sich aus Personen zusammen, die aufgrund ihrer Expertise
und Erfahrung in die Kommission berufen werden. Ein Anforderungsprofil sollte
erstellt und Persönlichkeiten entsprechend ausgewählt werden. Das jeweilige
Parlament wählt Kommissionsmitglieder aufgrund ihrer Erfahrungen für einen
Zeitraum von vier Jahren. Eine Nachbenennung jeweils der Hälfte der Mitglieder
alle zwei Jahre wird empfohlen, um die kontinuierliche Arbeit der Kommission zu
ermöglichen.
b) Die Kommission soll aus dreizehn Personen bestehen. Eine Vielfalt von
Erfahrungshintergründen (Polizeiarbeit, Kriminalistik, Psychologie, Soziologie,
Politikwissenschaft, Lehramt soziale Bewegung etc.) sollte gewährleistet werden.
Ebenfalls soll die Kommission paritätisch mit Frauen und Männern besetzt werden.
c) Ein Viertel der Positionen in der Kommission sollte mit Personen besetzt
werden, die hinlänglich mit der Diskriminierungserfahrungen vertraut sind.
Hierzu gehört auch 2 Vertreter_in die die das 30 Lebensjahr noch nicht vollendet
haben. Aktive Beamt_innen sollen jedoch nicht in die Kommission benannt werden.
Ein Viertel der Positionen sollte von Personen mit wissenschaftlichem
Hintergrund besetzt werden, ein weiteres Viertel mit Personen aus dem im
Parlament vertretenen politischen Spektrum. Das verbleibende Viertel sollte von
Personen mit Erfahrungen in den Bereichen Menschenrechte, zivilgesellschaftliche
Organisationen sowie aus Betroffenengruppen besetzt werden.
d) Eine angemessene Entschädigung für die zeitliche Aufwendung muss
gewährleistet werden.
e) Die Kommission ist ein hauptamtliches Organ der unabhängigen Beschwerdestelle
und hat die Aufgabe, die an die Stelle herangetragenen Beschwerden als auch
Vorfälle bei Institutionen, die von öffentlichem Interesse sind, zu untersuchen
und zu bewerten.
f) Die Leitung der Kommission wird von den Kommissionsmitgliedern gewählt, wenn
ihr nicht die Stellenleitung vorsteht (s.o.). Wo angemessen, kann die Leitung
der Kommission hauptberuflich wahrgenommen werden.
g) Je nach Größe des Bundeslandes kann der Vorsitz der Kommission von der
stellvertretenden Leitung der unabhängigen Beschwerdestelle in Personalunion
besetzt sein. Bei größeren Bundesländern sollte dies jedoch vermieden werden.
h) Die Kommission ist nicht weisungsgebunden und formuliert ihre Analysen und
Empfehlungen frei und ohne Einmischung der Politik oder Verwaltung. Bei
Sanktionierungen sollte die Kommission mit 2/3 Mehrheit entscheiden. Abweichende
Meinungen können in der Empfehlung im Anhang formuliert werden.
i) Die Formulierung der Empfehlung soll die Analyse des Vorfalles, den
begründeten Vorschlag für eine Sanktionierung, mögliche begleitende Maßnahmen
und den Zeitraum, in welchem die Sanktionierung/Maßnahmen vorgenommen bzw.
umgesetzt werden soll, beinhalten.
j) Die von der Kommission empfohlenen Sanktionierungen können von einer
Abmahnung und bei groben Verletzungen bis zur Entlassung aus dem Dienst reichen.
Bei institutionellen Formen von Fehlverhalten obliegt es der Stelle
institutionelle Maßnahmen zu formulieren, die dann von der jeweiligen Struktur
umzusetzen sind. Dies kann Schulungen, strukturelle Anpassungen, Modifikationen
der Aufsicht, Überarbeitung der internen Anweisungen, Einführung des 4-6
Augenprinzips, etc. beinhalten.
k) Die Kommission prüft rechtliche Entschädigungsmöglichkeiten von Betroffenen
und teilt diesen ihr Prüfungsergebnis mit. Wo keine Entschädigungsregelungen
greifen, kann sie im Rahmen ihres Haushalts befindliche Entschädigungszahlungen
an den/die Betroffenen zuerkennen.
5. Beirat
Der unabhängigen Beschwerdestelle sollte ein Beirat von zwischen sechs und
dreizehn Persönlichkeiten zugeordnet werden. Die Mitgliedschaft im Beirat ist
ein Ehrenamt. Auslagen können erstattet werden. Hier sollten Persönlichkeiten
aus dem Spektrum der jeweiligen Institution und zivilgesellschaftlicher
Organisationen betroffener Bevölkerungsgruppen oder Menschenrechtsorganisationen
offen aus den jeweiligen Institutionen vorgeschlagen werden können. Die
letztendliche Auswahl des Beirates obliegt dem_der Sozialminister_in im Rahmen
der durch satzungsmäßige Regelung formulierten Zusammensetzung (Erfahrung,
Hintergrund, Gender etc.)
6. Zusammensetzung des Mitarbeiterstabs
Organisatorisch sollten sich die Beschwerdestellen in die folgenden Abteilungen
gliedern:
1. Beratung und Beschwerdeaufnahme
2. Beschwerdebearbeitung, -aufklärung und -mediation
3. Öffentlichkeits- , Informations- und Aufklärungsarbeit
4. Forschung
5. Evaluation und Umsetzungskontrolle
6. Verwaltung und Entschädigung
Die Größe der Beschwerdestellen sollte sich an der Größe Sachsens und den
zufallenden Aufgaben orientieren. Der fest angestellte Mitarbeiterstab sollte
mindestens 13 und bis zu 50 Personen umfassen. Das Personal soll durch die
Leitung der unabhängigen Beschwerdestelle ausgewählt werden. Die zu besetzenden
Stellen müssen öffentlich ausgeschrieben, die Qualifikationen an den
Anforderungen der jeweiligen Arbeitsbereiche sowie den spezifischen
Anforderungen der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein. Der Querschnitt der
Bevölkerung sollte im Stab der Mitarbeiter_innen abgebildet sein. Dazu sollte
über positive Maßnahmen die Auswahl des Personals gesteuert werden.
Anforderungen wie zum Beispiel Zielquoten (Anteil von Frauen und Menschen mit
Minderheitenhintergrund) sollten hierzu auch im Gesetz über die
Beschwerdestellen berücksichtigt werden. Die Angestellten der Stelle sollten
über Diversity-Kompetenz verfügen. Dafür sollten Kompetenzen im Bereich
Geschlechterdiskriminierung, rassistischer oder ethnischer Diskriminierung, der
Diskriminierung von religiösen Gruppen sowie von Personen aus der LGBTIQ*-
Community, weiterhin Kenntnisse über die Lebenswirklichkeit von Menschen mit
Behinderung und Altersdiskrimierung vorhanden sein und weiter geschult werden.
7. Berichterstattung/Rechenschaftspflicht
Die Beschwerdestellen sollen einer jährlichen Berichtspflicht an das jeweilige
Landes- beziehungsweise Bundesparlament nachkommen, um eine parlamentarische
Kontrolleder Arbeiten der Stelle zu gewährleisten. Die jährlichen Berichte
sollen veröffentlicht werden, um die Öffentlichkeit über die Tätigkeit, das
Mandat und die Ergebnisse der Tätigkeiten zu unterrichten. Im Zuge der
Untersuchung von Beschwerden sollen Betroffene regelmäßig über den Fortgang der
Ermittlungen informiert werden. Wo angemessen und im Rahmen des rechtlich
Zulässigen, sollen dem_der Beschwerdeführer_in Protokolle der Ermittlungen und
andere Dokumente zugänglich gemacht werden. Diese Offenlegung der Gründe für
eine Verfahrensentscheidung kann dazu beitragen, den etwaigen Verdacht zu
vermeiden, dass Fehlverhalten konsequenzenlos bleibt. Obschon eine Transparenz
im Entscheidungsfindungsprozess gewährleistet werden sollte, ist gleichermaßen
die informationelle Selbstbestimmung als auch der Geheimnisschutz zu Jahren.
Daher sind Identitäten in Fallanalysen unkenntlich zu machen um Daten der
Beschwerdeführer_innen – auch vor institutionellem Zugriff – zu schützen.
8. Haushalt
Für die jeweilige unabhängige Antisdiskriminierungsstelle sollte im
Landeshaushalt ein angemessener und ausreichender Titel eingestellt werden, der
die Kosten der Stelle abdeckt. Das Landesparlament entscheidet über den
jährlichen Haushalt im Zuge ihrer Haushaltsbeschlüsse. Über die institutionelle
Förderung hinaus sollte die Stelle die Möglichkeit haben, zusätzlich
projektbezogene Mittel (z.B. bei der EU) zu beantragen. Besonders für
wissenschaftliche Aufgaben, die von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr sehr
unterschiedlicher Prioritäten bedarf, könnte eine projektbezogene Förderung
erwogen werden. Im Rahmen des Haushaltes sollten Mittel zur Entschädigung von
Opfern von Fehlverhalten eingestellt sein. Diese werden bei gravierenden Fällen
an Betroffene ausgezahlt.
9. Externe Kontrollaufsicht
Die personelle Dienstaufsicht der Leitung der Beschwerdestelle obliegt dem
jeweiligen Parlament, während die inhaltliche Kontrolle der gesamten
Stellentätigkeit beim jeweiligen Parlament liegen sollte und durch dessen
Präsident_in ausgeübt wird. Diese Kontrollaufsicht muss so gestaltet sein, dass
die Beschwerdestelle inhaltlich weisungsfrei ihrer Arbeit nachgehen kann, um
deren Unabhängigkeit von politischer oder institutioneller Einflussnahme
sicherzustellen.
10. Evaluation des Beschwerdeverfahrens
Der Abschluss des Beschwerdeprozesses wird in einem Bericht der Kommission und
der Beratungsabteilung – wo diese involviert war – zusammengefasst. Dieser
Bericht geht an beide Parteien. Beiden Parteien wird das Ausfüllen eines
Auswertungsbogens empfohlen, der der Stelle Rückmeldung auf die geleistete
Arbeit ermöglicht. Diese Rückmeldungen sollen zusammenfassend im jährlichen
Bericht Berücksichtigung finden.
11. Statistische Auswertung der Beschwerdeverfahrens
Die abgeschlossenen Beschwerdeverfahren sollen statistisch durch die
Beschwerdestelle erfasst werden. Diese soll in eine bundesweite Gesamtstatistik
zusammengeführt werden, denn eine statistische und empirische Auswertung von
Beschwerden ist von grundlegender Bedeutung für eine demokratische wie
rechenschaftspflichtige Behördenarbeit. Hierdurch kann die Effektivität der
Erfüllung von Aufgaben intensiviert und die Beziehungen der Institutionen zur
Bevölkerung verbessert werden.