Veranstaltung: | Landesparteirat 2. September 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. DEMOKRATIE - EUROPA - WELT |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesparteirat |
Basierend auf: | D04: Änderung der Kommunalverfassung – Förderung der Demokratie |
Änderung der Kommunalverfassung – Förderung der Demokratie
Beschlusstext
Der Landesparteitag der SPD-Sachsen möge beschließen:
Die SPD-Landtagsfraktion wird beauftragt, ein Gesetz einzubringen, um die
Kommunalverfassung im Freistaat Sachsen so zu ändern, dass:
- städtische Beschäftigte, die überwiegend körperlich arbeiten (z.B.
Beschäftigte der Stadtreinigung und in Bauhöfen, Hausmeister), nach ihrer
Wahl in ein Ehrenamt als Stadträtin/ Stadtrat bzw. Gemeinderätin/
Gemeinderat, dieses Amt ausüben können, ohne dazu ihre berufliche
Tätigkeit aufzugeben oder ruhen zu lassen.
- alle Beschäftigten kommunaler Eigenbetriebe nach ihrer Wahl in ein
Ehrenamt als Stadträtin/ Stadtrat bzw. Gemeinderätin/ Gemeinderat, dieses
Amt ausüben können, ohne dazu ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben oder
ruhen zu lassen. Ausgenommen von dieser Neuregelung bleiben aufgrund ihres
besonderen Status innerhalb der Eigenbetriebe sowie gegenüber der
kommunalen Verwaltung und der kommunalen Fachaufsicht all jene
Beschäftigten, die in Leitungspositionen in den jeweiligen Eigenbetrieben
tätig sind.
Begründung
Das aktive und passive Wahlrecht ist nicht nur grundgesetzlich geschützt,
sondern die Basis unserer Demokratie. Tatsächlich gibt es allerdings kein
Bundesland, in dem Angestellte der Gemeinde, die in den Gemeinderat gewählt
wurden, ihr Ehrenamt antreten dürfen, ohne zugleich ihre Tätigkeit in der
Verwaltung aufzugeben.
Begründet wird das regelmäßig damit, dass Räte die Arbeit der Verwaltungen
steuern und kontrollieren sollen. Damit seien die Aufgaben im Rat mit einer
zeitgleichen beruflichen Tätigkeit als Mitarbeiter*in der Verwaltung
unvereinbar.
Gemäß Art. 137 GGkann daher die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des
öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und
Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden gesetzlich beschränkt werden.
Die Amtsausübung muss gleichwohl für keinen städtischen Beschäftigten
eingeschränkt werden.
Einige Bundesländer sehen für Arbeitnehmer*innen, die überwiegend körperlich
arbeiten, ein solches Verbot nicht vor. Das Verbot der Amtsausübung für
Beschäftigte, die überwiegend körperlich arbeiten (vormals in Abgrenzung zu
Angestellten als Arbeiter bezeichnet), ist vom Grundgesetz nämlich nicht
vorgesehen. Dieser Personenkreis ist in Art. 137 GG nicht angeführt und darf
damit an der Ausübung des Ehrenamts nicht gehindert werden. Insofern erscheint
jede Regelung, die darauf gerichtet ist, körperlich arbeitende Menschen von der
Ausübung ihres Mandats abzuhalten, als Verstoß gegen das Grundgesetz.
Mit der oben angeführten Begründung muss man zudem davon ausgehen, dass
lediglich die Personen, die direkt durch ihren Arbeitsvertrag an der Verwaltung
der Kommunen beteiligt sind, von der Kontrolle des Verwaltungshandelns
ausgeschlossen werden können.
Eigenbetriebe dienen nicht der Verwaltung der Kommune. Sie erfüllen, ebenso wie
kommunale GmbHs, kommunalwirtschaftliche Aufgaben, die dem Allgemeinwohl und der
Daseinsvorsorge dienen. Insofern erscheint es vollkommen unverhältnismäßig, über
Art. 137 GG Beschäftigte der kommunalen Eigenbetriebe an der Ausübung ihres
ehrenamtlichen Engagements für die Kommune bzw. Gemeinde zu behindern. Auch ist
nicht vermittelbar, dass z.B. eine Krankenschwester des Städtischen
Eigenbetriebs St. Georg Leipzig, die Wachkomapatienten versorgt, ein Mandat
nicht annehmen darf, ohne ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, eine
Krankenschwester des Städtischen Klinikums St. Georg gGmbH Leipzig, die in der
Chirurgie arbeitet, gleichwohl.